Der Wiesnkater und das schlechte Gewissen

Der Wiesnkater und das schlechte Gewissen

Jetzt ist es also soweit, Aus – Ende – Apfel – Amen, Schluss mit Lustig, Triefaugen, übersäuerter Magen, Schädelbrummen, Ärger mit den Chefs wegen zweiwöchigem Totalausfall, und dann auch noch dieser mächtige Kater, eher gesagt Königstiger, aber! Unser aller Leber ist ein nettes Organ. Selbst wenn bereits 2/3 der Leber von allen möglichen Giften befallen sind, hat die Leber Mitleid mit ihrem Herrchen oder Frauchen und ist immer noch bereit, alles zu geben, um wieder 100 % zu funktionieren. Schließlich ist sie mit ihren Aufgaben tatsächlich gewachsen, aber jetzt ist Abnehmen angesagt, so dass die Leber für weitere Schandtaten wieder ihre Bikinifigur herzaubert.

Jedem von uns, zumindest von denen, die sich jetzt angesprochen und ertappt fühlen, ist es klar wie Kloßbrühe, dass da ein wenig mitgeholfen werden muss. Alkohol und Zigaretten meiden, viel Gemüsebrühe und Obst und Gemüse zu sich nehmen, 2 – 3 Mal die Woche ein Trainingsprogramm, am besten durch einen Park Joggen, Fisch essen, Salate zubereiten, ca. 3 Liter Wasser bzw. alkohol- und zuckerfreie Flüssigkeit zu sich nehmen, Entspannen beim Yoga oder beim Meditieren auf dem heimischen Sofa oder im Verein, evtl. ein echtes Null-Fasten-Programm beginnen (und auch zu Ende führen), alle Bücher lesen, die man sich vorgenommen hatte … Ganz einfach, oder?

Ich finde diese Tipps, die man derzeit überall lesen kann, wirklich toll. Dass ich dazu keinen einzigen Dr. med. benötigt hätte, der mir ins Gewissen redet, ist auf der anderen Seite auch klar. Aber, ich muss zugeben, die Schlagzeilen über Entgiftung und Entschlackung, über die Gefahren von Fett und Alkohol, von Nikotin und von zu wenig Schlaf, haben mir ein eigenartiges Magengefühl bereitet und den Alarm in mir ausgelöst, mal eine Pause einzulegen.

Bemerkenswert ist z.B. die Tatsache, dass der Kaffee gut ist für die Leber! Wissenschaftler fanden heraus, dass Kaffeetrinker deutlich seltener an Erkrankungen der Leber litten als Probanden, die keinen Kaffee tranken. Bei bereits lebergeschädigten (z.B. mit Hepatitis infizierten) Personen zeigte sich in einer aktuellen Studie, dass drei oder mehr Tassen Kaffee täglich das Risiko für ein Fortschreiten der Leberzerstörung um 53 Prozent senkten. Koffein scheint nicht der entscheidende Faktor zu sein, da sich bei anderen koffeinhaltigen Getränken keine vergleichbaren positiven Resultate zeigten. Aha. Das klingt doch schon mal gut.

Außerdem gibt es keinen Grund, Sport zu treiben, um die Leber zu entlasten. Das tut Sport nämlich gar nicht. Sport hilft dabei, das Bindegewebe zu straffen, aber (hihi), auch hier gibt es den Trick 17, der fast nichts kostet und wirklich hilft, auf Kosmetika, die den gleichen Effekt versprechen für so um die 100 Euros, völlig zu verzichten. Gegen die doofen Dellen hilft nämlich der einfache Salz-Öl-Trick: Rühren Sie ein Gemisch aus Olivenöl und Speise- oder Meersalz zu gleichen Teilen an und massieren Sie es zwei Wochen lang jeweils morgens und abends in die betroffenen Hautpartien ein. Danach lauwarm abduschen. Öl und Salz entziehen dem Gewebe die Säure, und die Säure ist mit verantwortlich für die Cellulite. Das klingt doch auch ganz gut?

Jetzt haben wir unser  Gewissen aber ganz schön verarscht und uns, wie so oft, selbst etwas vorgespielt. Bitte nicht eine Sekunde daran glauben, dass die oben genannten Tricks dabei helfen, gesünder zu werden. Da muss schon wirklich aktiv nachgeholfen werden, so schwer es auch fällt. Es gibt nichts, was den Konsum von Alkohol und Nikotin, ggf. anderen Giften, neutralisiert. Schade.

Auf geht’s zum Joggen mit der Pulle Wasser im dafür vorgesehenen Bauchbeutel des coolen Trainingsanzuges.

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