Böhmermann und der § 103.

Der Paragraph 103 sagt den meisten von uns wenig. Es geht darin um Majestätsbeleidigung. Da wir aber keine Majestäten mehr haben, will die Bundesregierung ihn abschaffen. Nichts desto trotz wird er jetzt in der Sache Böhmermann angewendet werden. Das Gericht in Mainz wird entscheiden müssen, ob Böhmermanns „Gedicht“ über Erdogan eine Beleidigung ist oder nicht.
Wer es gelesen oder gehört hat, zweifelt schon daran, ob es notwendig war, den türkischen Präsidenten dermaßen vulgär anzugreifen. Aber das ZDF verspricht, seinem Mitarbeiter Böhmermann Rückendeckung zu geben. Man meint dort, dass diese Satire rechtlich zulässig sei. Form und Inhalt hätten nicht auf Ehrverletzung Erdogans gezielt.

Recep Tayyip Erdoğan

Recep Tayyip Erdoğan

Einer Umfrage unter den Deutschen hatte auch ergeben, dass 82 % der Befragten gegen eine strafrechtliche Verfolgung sind, und meinen, das Gedicht bewege sich noch im rechtlichen Rahmen.

Aber nun hat die Kanzlerin, die sich sonst ja gerne in Schweigen hüllt, entschieden, die Ermächtigung für eine Anklage zu erteilen. Damit stellte sie sich gegen die Meinung des Koalitionspartners. „Es darf nicht der Anschein entstehen, als ob der Bundesregierung der Schutz des türkischen Präsidenten vor Satire wichtiger sei, als die Verteidigung der Meinungsfreiheit“ so die Geschäftsführerin der SPD Fraktion, Christine Lambrecht.

Haben wir durch diese Entscheidung Angela Merkels nun eine Regierungskrise?
Heftige Kritik kommt von Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag: „Merkel kuscht vor dem türkischen Despoten Erdogan und opfert die deutsche Pressfreiheit!“ – Und der Grünen Fraktionschef Anton Hofreiter wirft der Kanzlerin vor, ihr sei das Abkommen über die Reduzierung der Flüchtlingszahlen mit der Türkei wichtiger als die Verteidigung der Meinungsfreiheit!


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